Generationen füreinander und miteinander: Die Neustädter Handballer schreiben eine beispiellose Erfolgsgeschichte.
Makiadi, Reus, Schweinsteiger. Die drei Profikicker vom SC, aus Dortmund und München schwitzen in der Turnhalle der Hebelschule mit den E-Jugendhandballern des Turnvereins. Sie lassen sich in drei Gruppen teilen, laufen, fangen, passen und werfen nach der Pfeife von Trainer Michael Badten. Die drei berühmten Namen, man ahnt es, sind Schriftzüge auf den Fantrikots von Fußballclubs, die auch den Jungs aus Neustadt die beliebtesten Trainingsklamotten sind. Ihre Träger sind Teil eines außergewöhnlichen Projekts. Denn während fast alle Vereine klagen über Nachwuchsmangel und leiden unter Desinteresse und mangelnder Bereitschaft zu Anstrengung, feiert die schnelle, körperbetonte Sportart Wiedergeburt.
2003 war die Handballabteilung tot. Zu wenige Trainer, kein Vorstand mehr. Heute geht die Redensart „von null auf 100“ beinahe auf: 96 Akteure für sechs Mannschaften. Nach dem Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft 2007 wollten auf der Welle der Euphorie ehemalige Neustädter Handballer ihre Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren begeistern. Doch so viel mehr Junge als erwartet zogen mit, dass die Väter nicht anders konnten: Sie stiegen nicht nur als Trainer, sondern auch als Spieler ein. Nur so war die A-Jugend stark genug für die Männerklasse. Die Folge: In der Kreisklasse ist unverhofft der Aufstieg möglich. Trainer Michael Schreiner, mit Christoph Huber, Simon Stehle (Abteilungsleiter) und Daniel Zirn (Cheftrainer) Pionier der Handballauferstehung von 2009 mit Gründungsversammlung 2010, kann gut lachen: Man spürt sie, die Knochen!
Doch wie mit der Medaille, so ist es auch mit dem Boom: Es gibt eine Kehrseite. Der Aufwand ist groß, Training und Betreuung erfordern Personal. Die Erwachsenen trainieren den Nachwuchs, und von den Jungen werden schon Betreuer für die Jüngeren herangezogen. So, wie Ricarda Schweizer und Sarah Filiz Badten. Die beiden C-Jugendlichen helfen beim Training der Kleinen und pfeifen mal eine Übungseinheit. Das ist Vorsorge. Denn heute kommt man mit 14 Trainern und Betreuern klar. Nächste Saison stoßen eine D-Jugend und eine A-Jugend hinzu, jeweils Jungs. Die Belastung der Älteren wird wachsen, da die Jungen wegen Ausbildung/Studium kaum oft zur Verfügung stehen dürften.
Begeisterung und Erfolg überlagern das alles. Die Minis (4 bis 7 Jahre) spielen wie die E-Jugend gemischt, Buben und Mädchen. Die Minis bestreiten Turniere und sind seit zweieinhalb Jahren ungeschlagen. Die E-Jugend bestritt am 6. April das entscheidende Spiel um den Aufstieg, Fanbusse fuhren, die Neustädter verloren knapp, 8:11, Zweite sind sie, toll. Fünf E-Jugendliche stehen auf dem Sprung in die Auswahl. Die Mädchen der C-Jugend (13 bis 14) und der A-Jugend (17 und 18) tasten sich in ihren Ligen heran. Die B-Jugend-Jungs (15 und 16) sind Tabellendritte. Die Männer – der Älteste 54! – schnuppern Höhenluft. „Die Jungen wollen’s natürlich“ – Schreiner überdeckt mit einem Lächeln seine Ahnung, dass es mit der Schinderei nicht weniger werden wird …
Makiadi, Reus, Schweinsteiger & Co bieten sich an, fangen, passen, werfen und jubeln, wenn der Ball ins Netz rauscht. „Prima aufgepasst“ oder „gut gedeckt“, loben die Trainer, Michael Badten unterbricht und stellt eine Situation nach, erklärt, wie’s besser geht. Weiter, der Ball ruht nicht.
ZAHL DES TAGES
96
Wer Zeit hatte, kam zum Gruppenbild der Handballteams.
Foto: P. Stellmach8 Minis, 21 E-Jugend, 15 C-Jugend weiblich, 10 B-Jugend männlich, 9 A-Jugend weibl., 19 Männer, 14 Trainer/Betreuer